



Europa-Archiv (1992-1995)
Bereits Ende 1991 begann Hanno Thurnher ein erstes Bildarchiv aufzubauen. Der Raum war damals größer gefasst, ein wenig größenwahnsinnig, aber gerade noch machbar, wie er selbst glaubte. Überzogene Zielsetzungen begleiten auch heute noch Thurnhers Arbeit. Der Raum umfasste Mitteleuropa und ein wenig darüber hinaus. Von Schweden im Norden, bis Italien im Süden. Von Polen im Osten bis Spanien im Westen führte ihn der Weg quer durch Europa. „Der Raum ist Feind Nr. 1", prophezeit ihm ein Weggefährte und erinnert ihn an Karl V, der vor Jahrhunderten schon an den elenden Wegen verzweifelte. "Was ein religiöser Fanatiker schafft, schafft auch ein gemäßigter Jakobiner". Als Thurnher eineinhalb Jahre später vor dem Bauwerk des El Escorial steht, erinnert er sich: „Fürchterlicher Bau, aber tapferer Mann!"

"Chef der langen Brennweiten", Hanno Thurnher (um 1995)

Die Themen waren fast deckungsgleich mit den heutigen. Der Umfang sollte sich auf 7000 Motive bis Ende 1995 erstrecken. Länder-Schwerpunkte waren Deutschland, Frankreich und die Benelux-Staaten. Thurnhers Idee war auch getragen von der Gründung der Europäischen Union im Frühjahr 1992.
Ein besonderes fotografisches Spezifikum umfasste Kernkraftwerke. Die meisten lagen in Frankreich, verteilt über das ganze Land. Und da gab es auch den größten Ärger! Immer wieder wurde er von Sicherheitsleuten behindert oder vertreiben. Das Gleiche in den Städten bei der Arbeit mit Stativ. „Ein so schönes, faszinierendes Land und solche Verordnungen. Die Franzosen sind einfach in der 5. Regierungsform der Revolution (1795-1799) steckengeblieben, die sollen mal von den Deutschen lernen", musste sich Thurnher immer wieder ärgern!
Die "Grande Nation" und ihr Pomp: Abendlicher Blick auf Obelisk am Place de la Concorde, Assemblée Nationale (Nationalversammlung) und Invalidendom; mit Stativ fotografiert :-)
Nach 3 Jahren intensiven Fotoarbeiten, begann Thurnher Ende 1994 das Archiv zu digitalisieren. Eine äußert umfangreiche Arbeit. Er versuchte seine Kunden (hauptsächlich Zeitungen) von der digitalen Welt zu überzeugen, installierte ihnen die Software. In Sekundenschnelle konnten Bilder per Schlagwort gefunden werden und mit weiteren Eingaben vertieft werden. Damals ein wirkliches Novum. Doch für die meisten Kunden kam die Digitalisierung zu früh und manche waren einfach zu faul. Thurnher handelte weiter mit Duplikaten und Abzügen und hoffte auf eine Wende und fühlte sich an Kurt Tucholsky erinnert, dass die „Ersten" immer die Dummen sind! Gleichzeitig wurde die Arbeit der Filmprojekte intensiver und im Jahr 1996 ließ er das Projekt „Digitales Bildarchiv Europa" auslaufen, weil das Filmgeschäft spannender und innovativer war und
sich großer Frust über so viel Ignoranz angesammelt hatte.
Der Film sollte dann über 25 Jahre die Arbeit bestimmen...

Noch ist Hanno Thurnher guter Dinge bei der Bildauswahl (1994) Foto: Herbert Neuner

